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Markus Wermelinger, Geschäftsführer (iPhonehilfe.ch)
Ein kurzer Abriss durch wichtige Fragestellungen des elektronischen Geschäftsverkehrs und Buchführung sind die zentralen Aspekte der folgenden Zeilen. Dabei liegt der Fokus auf den rechtlichen Rahmenbedingungen rund um die E-Rechnung wie beispielsweise die Anforderung der Buchführungspflicht, Versand elektronischer Rechnung sowie die mehrwertsteuerrechtliche Anforderung an die elektronische Rechnung.
Was heisst E-Invoicing
Electronic Invoicing („E-Invoicing“) bezeichnet die vollkommen elektronische Verabreitung von Rechnungen ohne Medienbruch. Damit ist nicht das versenden von PDF's via E-Mail gemeint, sondern die elektronische Zustellung zwischen Unternehmen mittels eines strukturierten Formates zur direkten elektronischen Verarbeitung. Die Lieferung der Rechnung wird in vielen Fällen, aufgrund der hohen regulatorischen Anforderungen, über einen Service Provider erfolgen müssen. Die Übermittlung erfolgt dabei in verschieden Formaten wie beispielsweise: UN/EDIFACT, IDOC, xCBL, etc.
Unten stehende Graphik vermag das Wesen einer elektronischen Rechnung mit Service Provider sehr gut darzustellen. Die Graphik stammt aus der Zusatzdokumentation zum Leitfaden für Anbieter von ERP- bzw. Fakturierungssoftware der SwissDigin. Sehr gut zu erkennen ist der völlig elektronisch ablaufende Rechnungsstellungsprozess der E-Invoice, welcher vom ERP des Verkäufers zum Provider direkt elektronisch beim ERP des Bestellers Eingang findet.
[inline:E-Billing.jpg=Quelle: Zusatzdokumentation zum Leitfaden für Anbieter von ERP- bzw. Fakturierungssoftware www.swissdigin.ch/apps/swissdigin.nsf/de/leitfaeden September 2010.]
Elektronische Rechnungsstellung betrifft bei den Unternehmen zwei zentrale Regelwerke. Zum einen ist die Rechnung Gegenstand der Buchführung, welche in Art. 957ff. OR geregelt ist. Es betrifft hier vor allem die Aufbewahrung der Belege (Geschäftskorrespondenz). Auf der anderen Seite betrifft elektronische Rechnung auch die Mehrwertsteuer. Um den Vorsteuerabzug geltend zu machen, müssen elektronische Rechnungen gewissen Standards genügen. Seit den Gesetzesreformen im Jahre 2002 ist die elektronische Bewirtschaftung mit dem Erlass der GeBüV und der ElDI-V erst möglich.
Für beide Gebiete gelten ähnliche Grundsätze die während der gesamten Aufbewahrung erfüllt sein müssen:
- Es muss durch geeignete Massnahmen sichergestellt werden, dass alle relevanten Dokumente archiviert werden.
- Während der gesamten Aufbewahrungsdauer muss die Integrität der Dokumente sichergestellt werden
Die Buchführungspflicht
Die elektronische Abwicklung hält vor allem in der Buchführung Einzug. Buchführungspflichtig sind alle Unternehmen, welche im Handelsregister eingetragen sind. Der Anknüpfungspunkt für die Buchführungspflicht knüpft aber nicht an die erfolgte Eintragung, sondern an die Eintragungspflicht, an. Zur Buchführung verpflichtet ist, wer ein kaufmännisches Unternehmen betreibt (Art. 957 OR). Ein kaufmännisches Unternehmen ist jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit. Beim Einzelunternehmen fingiert die Handelsregister Verordnung [HRegV SR Nr. 221.411] die Eintragungspflicht ab einem Umsatz von 100'000 CHF vgl. HRegV 36. Die Ausgestaltung der Buchführungspflicht richtet sich nach Art und Umfang des zu führenden Geschäftes. Die Buchführung muss im Minimum das Erstellen einer Bilanz, Inventar und Betriebsrechnung erlauben (Art. 958 OR). Die Geschäftsbücherverordnung [GeBüV SR Nr. 221.431] verlangt ein Hauptbuch, Journal und Hilfsbücher. Zudem sind auch die Buchungsbelege aufzubewahren, sofern diese zur Feststellung der Schuld und Forderungsverhältnis erforderlich sind, bezüglich der Korrespondenz lässt sich im Hinblick auf deren Relevanz eine Abwägung treffen. Daher können auch E-Mails geschäftsrelevante Informationen enthalten und sind daher aufzubewahren. Die Buchführung muss ordnungsgemäss erfolgen. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Ordnungsmässigkeit bewusst nicht im Gesetz definiert, sondern die Definition der Praxis überlassen. Gemäss Art. 2 & 3 GeBüV richtet sich die Ordnungsmässigkeit nach anerkannten Regelwerken (IFRS, Swiss GAP FER).
Art. 957 Abs. 4 OR bestimmt, dass die elektronische Buchführung der Herkömmlichen gleichgestellt ist. Geschäftsbelege und Buchungsbelege können also ebenfalls elektronisch aufbewahrt werden. Das Gesetz verlangt lediglich unterschriebene Kopien der Erfolgsrechnung und Bilanz.
Papierlose Buchführung
Die Aufbewahrung regelt Art. 9 GeBüV. Geschäftsbücher können so veränderbar (Festplatten) oder unveränderbar (Papier) aufbewahrt werden. Die GeBüV verlangt für die papierlose, veränderliche Form der Aufbewahrung, dass die Integrität der Dokumente sichergestellt ist. Es muss also irgendein Verfahren vorhanden sein, welches sicherstellt, dass Dokumente nicht unbemerkt abgeändert werden können. Das Thema der Integrität wird aufgrund seiner Wichtigkeit für das Mehrwertsteuerrecht sowie das Buchführungsrecht unten separat aufgegriffen.
Neben der Integrität verlangt das Gesetz, dass bei der elektronischen Archivierung der Zeitpunkt der Speicherung der Informationen unverfälschbar nachweisbar ist (z.B. durch «Zeitstempel»),
die zum Zeitpunkt der Speicherung bestehenden weiteren Vorschriften über den Einsatz der betreffenden technischen Verfahren eingehalten werden, und die Abläufe und Verfahren zu deren Einsatz festgelegt und dokumentiert sowie die entsprechenden Hilfsinformationen (wie Protokolle und Log Files) ebenfalls aufbewahrt werden.
Integrität im Buchführungsrecht
Für unser Thema zentral ist das Kriterium der Integrität. Ordentliche Buchführung verlangt, dass bei den Geschäftsbelegen, die Bestandteil der Buchführung sind, die Integrität sichergestellt ist. Das Kriterium der Integrität verlangt, dass Dokumente nicht unbemerkt verändert werden können. Dabei steht das Buchführungsrecht den einzelnen Techniken zur Sicherstellung der Integrität offen gegenüber (Art. 9 GeBüV).
Als Beispiel nennt das Gesetz die elektronische Signatur. Auf genaue Ausführung der Funktionsweise elektrischer Signaturen soll hier verzichtet werden. Grundsätzlich wird aber mit einem fortgeschrittenen Zertifikat einen Hash-Wert aus dem Dokument generiert. Sobald das Dokument nur im kleinsten verändert wird (bsp. Leerschlag) ändert sich dieser Wert. Wie bereits erwähnt verlangt das Gesetz aber nur, dass mittels geeigneter Massnahmen Veränderungen erfasst werden, es wird keine Signatur vorgeschrieben. Aber, sobald Daten elektronisch gelagert werden, müssen diese auch für die gesamte Zeit elektronisch verfügbar sein. Ein Ausdruck reicht dabei nicht aus, weil damit die Integrität durch den Medienbruch nicht mehr sichergestellt werden kann.
Das Mehrwertsteuerrecht
Die Rechnung dient im Mehrwertsteuerrecht als zentrales Beweismittel zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs. Mit der Revision des Mehrwertsteuerrechts kam es auch zur Aufhebung der strengen Formvorschriften, im Speziellen Art. 38 aMwStG und Erfordernissen an Rechnungsdokumente. Mit dem kürzlichen Erlass des neuen Mehrwertsteuergesetzes, sowie der Verordnung der ESTV vom 14. Dezember 2009 über Zertifizierungsdienste im Bereich der ElDI-V [ElDI-V SR Nr 641.201.511] ermöglichte der Bundesrat/EStV, dass auch elektronisch Rechnungen zum Vorsteuerabzug zugelassen werden. Die elektronischen oder in vergleichbarer Weise übermittelten Daten sind den herkömmlichen Daten gleichgestellt, soweit sich ihr Ursprung und die Integration nachweisen lassen (Dokumente müssen elektronisch aufbewahrt bleiben). Des Weiteren darf der Versand und Empfang nicht abgestritten werden können (beispielsweise mittels Rückmeldung des Empfängers). Für die Revision verlangt das Mehrwertsteuerrecht eine ElDI-V konforme Archivierung der Daten (Art. 6ff. ElDI-V), sowie eine Dokumentation der Verfahren (Art. 5 ElDI-V). Das heisst das einzelne Belege ohne Verzögerung auffindbar sein müssen. Die Überprüfung findet beim Rechnungssteller statt.
Dem allgemeinen Grundsatz von ZGB 8 entsprechend, verbleibt die Beweislast immer bei jener Partei, welche aus einem Recht Ansprüche gelten machen will. Übertragen auf den Tatbestand des Vorsteuerbezugs bedeutet dies konkret, dass der Rechnungsempfänger, welcher den Vorsteuerabzug geltend machen will, die technischen und formellen Anforderungen an die Rechnung prüfen muss. Zu diesem Zweck steht im jederzeit das Recht zu, vom Rechnungsaussteller, ein den Richtlinien entsprechendes Dokument zu erhalten (Art. 26 Abs. 1 MwSTG). Die ElDI-V regelt somit die Voraussetzungen für elektronisch übermittelte und aufbewahrte Daten, damit sie von der ESTV als Beweismittel für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs zugelassen werden.
Integrität im Mehrwertsteuerrecht
Damit der Beweis aber erbracht werden kann, gilt auch hier der Grundsatz der Integrität der Dokumente. Die eidgenössische Steuerverwaltung verlangt die Signierung mittels eines fortgeschrittenen Zertifikats, welches zum Zeitpunkt der Signaturerstellung gültig ist, dass die Daten vor der Verwendung verifiziert wurden, der verwendete Schlüssel aufbewahrt wird und zum Zeitpunkt der Verwendung als sicher angesehen werden kann (Art. 2 ElDI-V) (weitere Informationen zu den Unterschieden finden Sie hier: http://www.estv.admin.ch/mwst/themen/00159/index.html?lang=de).
Die Bestimmungen des Mehrwertsteuerrechts unterscheiden sich von den Geschäftsbüchervorschriften vor allem bezüglich der Integrität im Herstellungszeitpunkt. Während das Buchführungsrecht die Signatur nur als Möglichkeit zur Sicherstellung der Integrität sieht, wird eine gültige Signatur bei der Ausstellung von Mehrwertsteuerrecht ausdrücklich verlangt. Hingegen verlangt das Buchführungsrecht die Festlegung des Zeitstempels nur indirekt (Prüfung der Gütigkeit im Aussellungszeitpunkt). In der Zwischenzeit haben sich einige Branchenstandards herausgebildet. Eine Zusammenstellung finden Sie unter http://www.swissdigin.ch.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass sowohl Buchführungsrecht, wie auch das Mehrwertsteuerrecht, eine vollständige elektronische Verarbeitung von Dokumenten erlauben. Trotzdem sind dabei gewisse Grundsätze zu beachten, damit später keine Probleme entstehen. In diesem Zusammenhang sei vor allem auf die Anforderungen an die Signatur des Art. 2ff ElDI-V, sowie Buchführungsanforderungen an die Herstellung von elektronischen Geschäftsbüchern des Art. 3ff. GeBüV verwiesen.
Wie oben bereits ausgeführt sind diese beiden Regelwerke nicht deckungsgleich. Eine Harmonisierung ist aber bei Beachtung möglich. Wenn ein Unternehmen indessen die technischen Standards einhält, welche gemäss Mehrwertsteuerrecht zu beachten sind, ist ein Sicherheitsniveau erreicht, das grundsätzlich auch für handelsrechtliche Belange ausreicht.
Empfehlung – Auslagerung an einen Service Provider
Die ElDI-V erlaubt die ausdrückliche Auslagerung an einen Dritten. Dabei liefert der Rechnungssteller die Rechnung elektronisch an einen Billing Provider. Dieser erstellt mittels der erhaltenen Informationen eine Rechnung und versendet sie an die angegebene Adresse. Dieser ganze Prozess kann automatisiert über eine XML-Schnittstelle abgewickelt werden. Vor allem bezüglich der Signierung und der ElDI-V konformen Archivierung sowie Dokumentation der Verfahrensschritte. Eine Auslagerung an einen Rechnungsprovider ist daher auf jeden Fall zu empfehlen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in der Rubrik Zahlungslösungen.
Literatur und weitere Informationen
Weber, E-Commerce und Recht.
Weber, Kompatibilität von Handels- und Steuerrecht bei der elektronischen Belegsverwahrung?, in Jusletter März 2003.
http://www.estv.admin.ch/mwst/themen/00159/index.html?lang=de
http://www.swissdigin.ch
http://www.aufbewahrung.ch
Alle zitierten Gesetze finden Sie unter: http://www.admin.ch/ch/d/sr/sr.html
Disclaimer
Die hier beschriebenen rechtlichen Informationen stellen in jedem Fall Vereinfachungen dar und dienen nicht als rechtlich verbindliche Auskunft.
Tags:
Payment Solutions, curabill, Legal, Value Added Tax, E-Billing